Foto Napoleonstadel, Klagenfurt

1995
Napoleonstadel, Klagenfurt
Architektur-Kultureller Auftrag
Ausstellung



Zehn Fragen an zehn Architekten


Wie sind Sie Architekt geworden?
Was bedeutet für Sie Architektur?


Medizin konnte ich nicht studieren und die Jurisprudenz erschien mir nicht als erstrebenswertes Ziel. Ohne den Schluß meiner Gedanken vorwegzunehmen: Ich bin dann Architekt geworden, aber an meinem frühen ambivalenten Verhältnis zur Architektur und zu Architekten hat sich nichts Entscheidendes geändert.



Was ist für Sie ein "guter" Architekt?
Was macht Architektur zur Kunst?


Der größte Teil der heute so angestrengt umgesetzten Kreativität produziert den Sperrmüll von morgen. Dadurch unterscheidet sich die Gegenwart nicht von der Vergangenheit. Warum wollen Architekten Kunst machen? Weil ein egozentrischer Trieb zur sogenannten Selbstverwirklichung des kleinen Künstlers Traum von der großen Ewigkeit ist. Ich denke: Architekten sollen ihre Aufgaben mit den Mitteln und Möglichkeiten ihrer Zeit auf dem letzten Stand der technischen Entwicklung lösen. Und ich würde mir wünschen, daß man Architekten unter diesen Voraussetzungen arbeiten läßt. Architektur ist Haltung, aber wer Haltung zeigt ist suspekt. Und das Kriechtier wird zum Leitfossil unserer Zeit für die Paläontologie künftiger Wissenschafter.



Hatten Sie Vorbilder?
In welcher Umgebung fühlen sie sich am wohlsten?


Wohl fühle ich mich in meiner eigenen Haut, nicht immer, aber ich kehre dorthin zurück, immer öfter. Als ich jung war, habe ich von Marcel Duchamp nichts gewußt. Heute weiß ich, daß er damals ein Vorbild für mich hätte sein können, später mochte ich die Musik von Jimi Hendrix, heute schätze ich John Cage.



Was halten sie von österreichischer Kulturpolitik?
Wovor haben Sie Respekt?


Sollte es eine österreichischen Kulturpolitik geben, so verweigere ich ihr meinen Respekt. Nur Linz läßt hoffen und vielleicht der gestrandete Panzerkreuzer "Pontemkin" in der 52. Straße, Manhatten, New York, NYC.



Wenn Sie durch die Stadt gehen worauf achten Sie da?
Haben Sie Visionen?


Es hängt davon ab, in welcher Stadt ich bin. Grundsätzlich achte ich auf den Verkehr und den Hundekot. Beide Gefahren möchte ich als urbane Qualität nicht missen. Ich glaube an den Unterhaltungswert von Urbanität und Architektur. Oder findet man den Flaneur bereits auf den Listen der aussterbenden Arten? Und ich glaube, daß Cyberspace und virtueller Raum so langweilig werden, wie heute die sterilen Innenstädte mit Einkaufszentren, Kommunikationszentren, Kulturzentren, Altenzentren, Jugendzentren, aber ohne Autos und Hundekot, es bereits sind.



Die Fragen stellte Viktor Bucher
Architektur & Bauform
Heft Nr. 174,1995



Foto:
Margherita Krischanitz